“Wir brauchen bundesweite Standards für unsere Kitas!”
Meine Rede vom 12. September 2024 im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
auch in den nächsten beiden Jahren unterstützen wir als Bund die frühkindliche Bildung im Land.
So wie um den Haushalt in den letzten Wochen gerungen wurde, sind die gesicherten zwei Milliarden bereits ein Erfolg. Jetzt müssen wir diese Gelder effektiv einsetzen, um spürbare Verbesserungen für Kinder, Familien und Beschäftigte zu erreichen.
Das ist unser Anspruch für das jetzt zu beratende dritte Kita-Qualitätsgesetz. Wenn wir es richtig angehen, kann uns sogar ein eignes Startchancen-Programm für die Kitas gelingen.
Und das ist dringend notwendig, wenn wir uns die aktuelle Lage ansehen:
Wir wissen durch IGLU-Studien und IQB-Bildungstrend, dass die Sprachkompetenzen von Grundschülern immer schlechter werden.
Wir wissen: Dreißig Prozent aller Eltern in Ostdeutschland waren im letzten Jahr von kurzfristigen Kita-Schließungen betroffen, in Westdeutschland waren es sogar die Hälfte aller Eltern mit Kita-Kindern!
Das bedeutet Stress, aufgebrauchte Urlaubstage und für die Kinder keine festen Bezugspersonen.
Für Kita-Teams sind kurzfristige Schließungen mit sehr viel Druck verbunden und die Belastung für die verbliebenden Fachkräfte wird immer größer.
Das hat Konsequenzen: Erzieherinnen sind im Durchschnitt viel häufiger krank als andere Berufsgruppen.
Diese Abwärtsspirale aus Personalmangel, steigender Belastung und höheren Krankheitstagen hat ihren Ursprung im System:
Den in vielen Bundesländern werden die tatsächlichen Ausfallzeiten durch Krankheit, Urlaub und Weiterbildung nicht anerkannt und ausreichend finanziert. Deshalb fehlt das Geld für Entlastungspersonal.
Wir haben ein System, in dem Ausfälle und damit größere Gruppen, kurzfristige Schließungen und weniger gezielte Förderung von vorneherein eingepreist ist.
Mit einem bundesweiten Standard für die Regelung von Ausfallzeiten können wir die Personaldecke in den Kita-Teams stärken, so dass auf kurzfristige Ausfälle reagiert werden kann.
Der Bund kann hier gezielt seine Mittel zur Lösung eines entscheidenden Problems einsetzen. Das Ergebnis: weniger Kita-Schließungen und mehr Stabilität und Verlässlichkeit für Kinder, Eltern und Beschäftigte.
Wir müssen mit dem Kita-Qualitätsgesetz auch die so wichtige Sprachbildung der Kinder stärken.
Das gesamte Feld von Gewerkschaften, über Kita-Trägern bis zur Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber fordert uns auf: Wir brauchen mehr Sprachbildung!
Dafür haben wir mit den Sprach-Kitas und dem Startchancen-Programm eine Blaupause. Wir benötigen eine gesetzliche Vorgabe für Sprachbildung, mit der Kitas durch zusätzliche Sprachfachkräfte gezielt gestärkt werden.
So schaffen wir dringend benötigte Zeit für die Sprachbildung der Kleinsten, zusätzliche Karriereoptionen für Fachkräfte und sorgen für einen besseren Start in die Schule.
Das umzusetzen, erfordert Mut. Und diesen Mut haben in der letzten Woche über 300 Wissenschaftlerinnen von uns eingefordert. Ihr Plädoyer: Jetzt mit Qualitätsstandards die frühkindliche Bildung voranbringen.
Ebenso haben über 200.000 Erzieherinnen, Eltern und Großeltern von uns Mut verlangt und im Rahmen der Kampagne „Jedes Kind zählt“ die Einführung von bundesweiten Standards gefordert.
Und für Entlastung durch bessere Rahmenbedingungen mit Hilfe von Qualitätsstandards streiken jetzt gerade Erzieherinnen hier in Berlin.
Lassen Sie uns auf die vielen Stimmen aus Praxis und Wissenschaft hören.
Lassen Sie uns jetzt mutig sein für die über 3,5 Millionen Kinder in der Kindertagesbetreuung.
Denn jedes Kind hat es verdient, durch Förderung, Aufmerksamkeit und Geborgenheit einen guten Start ins Leben zu bekommen.