Mutloses KiTa-Qualitätsgesetz der falsche Weg
Die Bertelsmann Stiftung hat neue Auswertungen zum Krankenstand der Beschäftigten in der frühkindlichen Bildung vorgelegt. Die Zahlen verdeutlichen, dass der Krankenstand bei den Berufen in der Kinderbetreuung und -erziehung deutlich höher ist im Vergleich zu anderen Berufsgruppen. Insbesondere psychische Erkrankungen der Beschäftigten in Kitas spielen eine große Rolle. Hierzu erklärt Erik von Malottki, Sprecher für frühkindliche Bildung der SPD-Bundestagsfraktion:
„Die Auswertung deckt sich mit den Erfahrungen und Eindrücken, die mir Erzieherinnen und Erzieher schildern. Dass im letzten Jahr ein Fünftel aller Krankentage aufgrund psychischer Erkrankungen der pädagogischen Fachkräfte entstanden sind, zeigt die immense Schieflage im System der frühkindlichen Bildung. Schlechte Arbeitsbedingungen führen zu zusätzlichem Personalverlust, und die verbliebenen Fachkräfte müssen immer mehr schultern. Dies ist eine Abwärtsspirale, die wir als Politik endlich stoppen müssen. Der von der Bundesregierung verabschiedete Entwurf für ein drittes KiTa-Qualitätsgesetz wird dieser Verantwortung bisher nicht gerecht. Deshalb steht für mich fest, dass wir in den parlamentarischen Beratungen das Gesetz wesentlich überarbeiten müssen.“
Das Bundeskabinett hat am 13. August einen Gesetzesentwurf für ein drittes KiTa-Qualitätsgesetz verabschiedet. Anders als im Koalitionsvertrag vorgesehen, enthält der Entwurf keine konkreten Vorgaben für bundesweite Standards und führt stattdessen im Wesentlichen die bisher geltenden Anforderungen des Bundes an die Länder für ihre Qualitätsmaßnahmen fort. Eine zentrale Änderung ist der Wegfall der Möglichkeit, die Mittel für Beitragsentlastungen von Familien einzusetzen. Hierzu erklärt von Malottki:
„Wir haben den Familien und pädagogischen Fachkräften im Land mit dem Koalitionsvertrag ein Versprechen gegeben und dieses müssen wir einhalten. Wenn wir jetzt nicht den Einstieg in bessere Kita-Qualität durch bundesweit geltende Qualitätsstandards schaffen, wird dies auch in den kommenden Jahren nicht erfolgen. Ein Durchbrechen der Abwärtsspirale für die Kitas im Land wird aber nur dann gelingen, wenn wir über Standards für alle Kitas im Land regeln, dass Ausfallzeiten durch Krankheit, Urlaub und Weiterbildung refinanziert werden. Solche Qualitätsverbesserungen lassen sich auch vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel mit Übergangsfristen und Erfüllungskorridoren ohne Probleme einführen. Dazu bedarf es verbindlicher Vorgaben für die Sprachbildung in den Kitas. Wenn wir wollen, dass alle Kinder im Land durch eine starke Förderung der eigenen Sprachkompetenz einen guten Start für ihre Bildungslaufbahn erhalten, müssen wir dafür den Grundstein in der frühkindlichen Bildung legen.“
In den ostdeutschen Bundesländern ist der erhöhte Krankenstand in der frühkindlichen Bildung im Vergleich zu anderen Berufsgruppen deutlicher. Für 2023 beträgt die Differenz zu den anderen Berufsgruppen für die durchschnittliche Anzahl von Arbeitsunfähigkeitstagen 10,5 Tage in Ostdeutschland und 9,2 in den westdeutschen Bundesländern laut der Studie der Bertelsmann Stiftung. Von Malottki verdeutlicht hierfür die besondere Entwicklung in den ostdeutschen Bundesländern:
„Wir haben in vielen ostdeutschen Kommunen aktuell die Entwicklung, dass die Kinderzahlen in den Kitas rückläufig sind und es einen Personalüberhang gibt. Das ist eine einmalige demografische Chance, die wir mit bundesweiten Qualitätsstandards jetzt nutzen müssen. Mit solchen Standards würden wir es ermöglichen, dass keine pädagogischen Fachkräfte in den Kitas entlassen werden. Auch aktuell laufende Reduzierungen von Arbeitszeiten in den Kita-Teams durch den Personalüberhang wären dann obsolet. Stattdessen ist es jetzt möglich, mit Hilfe von bundesweiten Standards gerade in ostdeutschen Kitas dafür zu sorgen, dass die Fachkräfte mehr Zeit für jedes einzelne Kind haben. Deshalb sind die bundesweiten Qualitätsstandards gerade für Ostdeutschland so enorm wichtig. Wenn wir diese Möglichkeit durch ein mutloses KiTa-Qualitätsgesetz verstreichen lassen, wäre das eine katastrophale Fehlentscheidung.”